Serpit humi tutus nimium.
Horaz, Ars poetica/ Die Dichtkunst, V. 28.
Wer auf Nummer Sicher gehen will, kriecht lieber in Bodennähe.
Schreiben wie jemand, der noch übt.
Strenge Gelehrte, die vom richtigen Stil sprechen. Pennäler, denen das noch nicht so gelingen will. Da passieren Schülerfehler. Ellipsen, Gedanken bleiben angedeutet. Interjektionen, Begeisterung oder Überraschung, sofort in Ausrufen thematisiert. Periphrasen, die das Thema umkreisen, weil einem die Wörter fehlen. Metaphern, die verdunkeln. Anders kann ich es eben nicht sagen. Zweimal statt einmal sagen, zur Sicherheit. Respektlos aus Versehen, das wollte ich nicht, ist mir so rausgerutscht.
Zuviel Gefühl.
Ein Fan kann sich nicht von Gefühlen frei machen. Das macht die Rede ungleichmäßig. Du kriegst es einfach nicht in den Griff. Mal gehen die Gefühle mit dir durch, dann bleibst du zu weit weg. Ach je. Ich will doch wahrhaftig bleiben. Jaja. Klar, deutlich, konzentriert. Mit Verstand auf Distanz, ruhig, nüchtern. Wenn das immer so einfach wäre. Es geht mich halt persönlich an. Bewegt mich, beschäftigt mich. Auch auf die Gefahr, dass es nervt.
Gattungen als Rahmen und Ruhepol.
Ein Fan findet irgendwie immer das Gleiche gut. Umso wichtiger werden Stufen des Gelingens. Ich bringe mal ein Beispiel. Zum Alpenleben gehört der Wilderer. Aber: Wie tritt er diesmal auf? Wie überzeugend sind die Konflikte mit der Obrigkeit? Wie sind Standardszenen umgesetzt, etwa wenn Jäger und Wilderer sich zum Duell treffen? Das wird schnell Fachsimpelei unter Kennern. Eine interessante Abweichung? Zusammengestoppelte Passagen, ohne Verbindung? Nur Standard, keine Variation? Beim Immergleichen sind die feinen Unterschiede entscheidend.
Emotionsmanagement.
Fans werden geschwätzig. Müssen sich zügeln, wollen doch noch etwas schreiben. Du musst mit einem Gefühl für Timing und Abwechselung steuern. Wann lassen wir die Zügel schießen, wann wird feste angezogen? Wechsel der Stimmungen. Immer wieder kommt noch etwas anderes dazu. Aktion und Sensation. Wechselbad der Gefühle.
Mit sich selbst im Gespräch bleiben.
Ständig wieder innehalten und überprüfen. Ist das gerade zuviel? Oder braucht es noch Erklärung? Diese Selbstzweifel! Ist das wichtig? Ist das überflüssig?
Mündlich schreiben.
Frei raus mit den Emotionen. Schreiben, worum es geht. Einfach so. Den Impulsen folgen. Schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Nicht zu streng werden. Kein Krampf. Dabei auf den Klang achten. Plaudern. Pausen machen, noch schnell etwas ergänzen. Satzbrüche, Angefügtes.
Einen Sog erzeugen.
Erst mal anfangen. Dann noch einen draufsetzen. Und noch einen. Plötzlich: Den Schwerpunkt verlagern. Überraschen. Staunen lassen. Erstmal Biographie, dann etwas Lektüre, zurück zur Biographie. Oder anders herum. Manchmal auch so: Eine Einzelbeobachtung, möglichst genau besehen. Was lässt sich anfügen? Hauptsache: Einen Spannungsbogen aufbauen und halten. Immer: Die Seltsamkeiten herausfiltern. Unerwartete Verknüpfungen herstellen. Nicht zu vergessen: Mittendrin Illustrationen, für andere Blickwinkel, möglichst eigenartig, trotzdem passend.
Schreiben wie eine schlechte Angewohnheit.
Das muss jetzt raus. Es geht gerade nur so. Tut mir leid, ich muss das endlich mal hinschreiben. So viel gelesen, so viel gedacht. So schrecklich viel nachgedacht. Abgewogen, überdacht, neu gedacht, notiert, skizzenhaft, für später. Liegen gelassen. Muss ich nochmal drüber schlafen. Schluss damit! Jetzt wird aufgeschrieben. Nimm und lies.
Immer Fan bleiben.
Respekt für die Texte, Anerkennung für die Autoren. Keine Überheblichkeit, kein Zynismus. Besserwissen vermeiden. Da macht sich jemand Arbeit, da strengt sich jemand an. Auch wenn es nicht immer so klappt. Hut ab für den Versuch! Wir schauen, wie gut es funktioniert. Wir sehen das Bemühen, die Anstrengung, den Einsatz. Und wissen, dass jeder mal aus der Puste kommt. Schwache Momente hat. Kompromisse macht. Nicht weiter weiß und die einfache Lösung wählt. An seine Grenzen kommt. Vielleicht auch: Rücksicht auf sein Publikum nimmt. Wir bleiben zugewandt. Wir sind Fans.